Was bleibt eigentlich vom Mensch, wenn die Maschinen übernehmen? Welche humanen Fähigkeiten behalten auch in der technologisierten Arbeitswelt der Zukunft ihren Wert und sind damit die wesentlichen #FutureSkills, auf die es mehr denn je ankommt?

Noch nie war es vermutlich spannender und zugleich wichtiger, sich mit diesen Fragestellungen auseinander zu setzen. Wenn wir dies nicht tun, verpassen wir die Chance, mit unserem Tanzpartner, der für die Zukunft der Arbeitswelt gesetzt ist, den harmonischen Paartanz aus Mensch und Maschine zu üben, in dem idealerweise stärkenbasiert mal der eine und mal der andere führt. Schon jetzt profitieren wir von den Stärken, die hybride Teams aus Mensch und Maschine mit sich bringen. So konnte vor zwei Jahren ein hoch wirksamer Impfstoff gegen das Corona-Virus deswegen in Rekordgeschwindigkeit entwickelt werden, weil ein menschliches Forscherteam seine humane mit einer künstlichen Intelligenz zu einer komplementären Intelligenz zusammengeführt hat, die zu raschen und sehr effektiven Lösungen geführt hat. Zwei generelle Anmerkungen zu hybriden Teams aus Mensch und Maschine, die wir in der Arbeitswelt der Zukunft verstärkt sehen werden:

  • Bei diesem Paartanz geht es nicht um das langfristige Ziel, dass der eine Tanzpartner den anderen gänzlich vom Parkett schubst. Es wird jedoch das ein oder andere Solo geben – sowohl vom Menschen als auch von der Maschine.
  • Der Paartanz kann sehr gut trainiert werden. Je vorzeitiger und bewusster wir Menschen uns auf diesen Tanz einlassen und sowohl die menschlichen Stärken als auch unsere Kooperationsfähigkeit mit den Maschinen trainieren, desto harmonischer und angenehmer wird der Tanz werden.

Damit wir dort hinkommen, ist Lern- und Anpassungsfähigkeit, Vorstellungskraft sowie Technologieoffenheit von uns Menschen gefragt, denn wir stehen an einem historischen Wendepunkt in der Arbeitswelt: Wir starten jetzt in eine Zeit, in der neue Technologien wie eine #künstlicheIntelligenz unsere Arbeit nicht nur effizienter machen, sondern unsere bisherigen Tätigkeits- und damit Anforderungsprofile fundamental verändern werden. 

2023 als „Durchbruchsjahr“ für KI

#KI dringt in immer neue Anwendungsdimensionen vor und hat das Potenzial, unsere Wirtschaft und unsere Arbeitswelt so zu verändern wie damals die Einführung von Elektrizität. Nicht nur repetitive, weitgehend standardisierte und bestimmten Mustern folgende Tätigkeiten können von einer KI übernommen werden, sondern inzwischen auch anspruchsvolle, abwechslungsreiche Aufgaben von Akademikern und Kreativen. Wir stehen hier an einem Punkt, den Experten als „between the times“ bezeichnen, d.h. das Potenzial von KI ist riesig, aber die meisten Menschen haben das noch nicht verstanden. Denn jede Schlüsseltechnologie durchläuft in ihrer Entwicklung eine Art „Hockey-Stick“-Form: Zunächst passiert längere Zeit relativ wenig, und dann geht die Entwicklung auf einmal steil und für alle offensichtlich nach oben. Technologische Wendepunkte, wie wir sie nun in 2023 erleben, sind spannende Phasen, die Veränderungsdruck erzeugen. Einen Vorgeschmack darauf erleben wir alle seit der Einführung von #ChatGPT, dem KI-basierten Chatbot von OpenAI, der Liebesbriefe, journalistische Texte, wissenschaftliche Arbeiten, Business Pläne, Social Media Posts und Programmcodes genieren und dabei auch Fähigkeiten besitzt, von denen wir bis vor kurzem dachten, sie seien uns Menschen vorbehalten, nämlich #Kreativität, Humor und stilistische Kompetenz. Auch wenn eine Software wie ChatGPT noch Schwachstellen besitzt und auf Basis ungeprüfter Datenquellen oftmals noch „KI-Quatsch“ produziert, so zeugen die nicht von der Hand zu weisenden „Wow-“ Momente von den echten Veränderungen, die bereits in den kommenden Monaten durch die immer klüger werdende und schnell lernende KI auf uns zukommen werden. Und wenn eine #künstlicheIntelligenz auf Basis maschinellen Lernens stetig klüger wird, sollten auch wir Menschen nicht die Chance verpassen, stetig zu #lernen, sonst sind wir als Tanzpartner auf dem Parkett in naher Zukunft nicht mehr gleichberechtigt und können auch nicht mehr führen und unsere Stärken dabei ausspielen. Worin genau liegen also auch weiterhin unsere menschlichen Stärken? Wo sind wir -Stand heute – den Maschinen klar überlegen?

Humane „Super Skills“

  1. Handwerkliches und Feinmotorisches: Das „moravsche Paradox“ besagt, dass Dinge, die uns Menschen sehr leicht fallen, Robotern ziemlich schwer fallen, weil niedrigrangige feinmotorische Fähigkeiten enorme Rechenressourcen erfordern. Bereits ein zweijähriges Kind kann problemlos reife Erdbeeren pflücken, für Roboter ist es schwer, diese feinmotorische Fingerfertigkeit und Beweglichkeit gut nachzuahmen.
  2. Ethisches und Moralisches: Algorithmen besitzen per se keine Werte, sondern übernehmen das Wertegerüst ihrer Entwickler. Ethisches beurteilen von Situationen, Abwägen von verschiedenen Argumenten, ausbalanciertes Bewerten von Handlungsoptionen, der Umgang mit Multirationalität sowie erfahrungsbasiertes Entscheiden unter Rückgriff auf universelle menschliche Werte wie Nächstenliebe: das sind Stärken von uns Menschen, da es sowohl ethisches Fingerspitzengefühl als auch menschliches Hineinfühlen bedarf.
  3. Intuitives und Unlogisches: In vielen Tätigkeitsfeldern ist Intuition gefragt, auch wenn sie der Datenlage oder der rationalen Logik widerspricht. Beispielsweise ist oftmals das Relevanteste in einem Gespräch zwischen Menschen nicht nur das Gesagte, sondern das Unausgesprochene. Und kulturelle Transformationsprojekte in Unternehmen sind meist nicht nur mit Logik und rationalen Argumenten voranzutreiben, sondern mit Intuition und empathischem Fingerspitzengefühl für die Stimmung in der Belegschaft.
  4.  Bereichsübergreifendes: Eine KI ist sehr gut darin, einzelne, spitz zugeschnittene Aufgaben zu übernehmen, nicht jedoch, verschiedene Disziplinen zusammen zu führen und auf dieser Basis, kreative, holistisch bewertete Lösungen zu finden. Ein diverses, interdisziplinäres Team aus Menschen wird eine Aufgabenstellung anders durchdringen als eine fokussierte künstliche Intelligenz.
  5. Menschliches: Last but not least: In allen Tätigkeitsfeldern, in denen emotionaler Mehrwert geschaffen wird, ist der Mensch kaum zu ersetzen. Ein aufrichtiges Lächeln zwischen zwei Menschen, eine sanfte Berührung, das vermittelte Gefühl von Wertschätzung, Warmherzigkeit, Aufmerksamkeit und Geborgenheit: das ist uns Menschen vorbehalten.

 

Wenn diese humanen Super Skills erstens miteinander kombiniert und zweitens mit Technologiekompetenz zusammengeführt werden, entstehen nachhaltig wertvolle und schwer zu ersetzende Qualifikationsprofile. Ein Zahnarzt, der sich mit ausgeprägter Feinmotorik im Mundraum des Patienten bewegt, empathische Worte findet, wenn der Patient Angst vor dem Bohrer hat und neueste medizinische Technologien sinnvoll anwenden kann, ist schwer durch einen Zahnarzt-Roboter zu ersetzen. Eine Lehrerin, die das Potenzial ihrer Schüler erkennt, ihnen aufmerksame Zugewandtheit und Warmherzigkeit im Unterricht schenkt und neue Technologien wie künstliche Intelligenz für individualisierbare Lernpfade einsetzt, ist kaum durch rein digitale Lernformate zu ersetzen. Und eine Führungskraft, die integrativ wirkt, das Potenzial diverser Teams heben kann, Menschen begeistert, Stimmungen wahrnimmt, ohne dass sie ausgesprochen werden und bei Entscheidungen auch auf Intuition und anderslautende Meinungen hört, ist kaum durch einen Führungsroboter zu ersetzen.

Große Chancenpotenziale mit Hausaufgaben für uns alle

Kommen wir zurück zu der Frage: Was bleibt vom Mensch, wenn die Maschinen übernehmen? Ich glaube, sehr viel, wenn wir den Paartanz richtig tanzen. Nämlich mehr Zeit für Menschlichkeit. Mehr Kapazität, nicht nur die dringlichen Themen anzugehen, sondern die wesentlichen. Mehr Intelligenz, um die größten Herausforderungen unserer Zeit und komplexe Aufgabenstellungen zu lösen.

Dies wird sich jedoch nicht von alleine einstellen. Wir brauchen Menschen, die sich aktiv in diese Gestaltung einer lebenswerten Arbeitswelt der Zukunft einbringen und die Technologien so entwickeln, dass sichergestellt ist, dass sie uns Menschen dienen und nicht anders herum. Menschen, die die neuen transformativen Technologien so gut durchdringen, dass sie die Chancenpotenziale erkennen und nutzbar machen können und zugleich die Risiken erfassen und Antworten hierauf finden. Gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz brauchen wir weltweit führende Spitzenkräfte in Deutschland, die eine vertrauenswürdige, nachvollziehbare und ethische KI erschaffen und diese als Standard in die Welt exportieren. „KI-Quatsch“ auf Basis falscher Daten oder ethisch verwerflicher Algorithmen hilft niemandem weiter und kann sogar gefährlich werden, wenn er als solcher nicht erkannt wird oder in die falschen Hände gerät.

Um es mit den Worten von Kai-Fu Lee – einem der weltweit bekanntesten KI-Experten – zu sagen, der das Potenzial von KI für die Arbeitswelt der Zukunft wie folgt bewertet:

„Niemals war das Potenzial für menschliches Gedeihen größer – und das Risiko eines Scheiterns höher“