Wer die Webseite There’s An AI For That besucht, sieht, dass es inzwischen über 18.000 verschiedene KI-Tools gibt, die uns Menschen die Arbeit erleichtern können. Jeden Tag kommen neue hinzu.
„Teaming Up“ with AI – also unsere Fähigkeit, im Team mit KI zu arbeiten – wird immer bedeutender für unsere individuelle und kollektive Produktivität, Kreativität, Leistungsfähigkeit und unsere Qualität der Arbeit – sowohl im Prozess als auch im Ergebnis.
Bis 2030 wird es für Arbeitgeber genauso selbstverständlich sein, KI-Kompetenz von ihren Mitarbeitenden zu erwarten, wie sie heute generelle PC-Skills voraussetzen.
Diese Entwicklung bedeutet im Umkehrschluss: Wer bis 2030 „teaming up“ with AI nicht erlernt hat und weiter so arbeitet wie bislang, wird in fünf Jahren so wettbewerbsfähig sein wie Menschen heute, die einen PC nur unzureichend bedienen können. So schnell wurde man in der Geschichte des Arbeitsmarkts wohl noch nie zum Dinosaurier. Daher dürfen wir gerade jetzt nicht „pennen“.
KI-Kompetenz ist die wertvollste singuläre Kompetenz am Arbeitsmarkt
16% Gehaltsaufschlag werden derzeit für Menschen bezahlt, die KI-Kompetenz zusätzlich zu ihrem fachlichen Qualifikationsprofil (z.B. BWLer, Ingenieur, Mathematiker, Arzt) mitbringen. Damit ist KI-Kompetenz die wertvollste singuläre Fähigkeit, die vom Arbeitsmarkt honoriert wird. Zu meinen Studierenden sage ich daher, dass sich der Besuch meiner KI-Vorlesungen besonders lohnt.
Der eigentliche Wert von KI-Kompetenz entfaltet sich aber nicht nur im Gehalt und auch nicht nur im Erhalt der persönlichen Wettbewerbsfähigkeit, sondern in etwas anderem, was damit aber verbunden ist: In ausgeprägtem Skill Enhancement und damit der Möglichkeit, seine eigenen individuellen Fähigkeiten deutlich zu erweitern, zu bereichern, komplementär zu ergänzen und damit sein individuelles Leistungsportfolio auf eine neue Ebene zu eben.
Anders ausgedrückt bedeutet „Teaming Up“ with AI:
We can supercharge our human intelligence and enhance our individual competence portfolio and do things we could not do before.
Das ist spürbarer „heißer Scheiß“, den wir durch Technologie erreichen können.
Daher ist diese Newsletterausgabe der Frage gewidmet, wie „Teaming Up“ with AI gelingt und was es konkret bedeutet, seine individuellen Fähigkeiten im Sinne von Skill Enhancement auf eine völlig neue Ebene zu heben.
KI-Tool-Kompetenz bedeutet, Lernen im Netzwerk
Zunächst aber ein kurzer Exkurs, wie der Aufbau von KI-Toolkompetenz gelingt. Es ist weder möglich noch nötig, alle existierenden KI-Tools zu kennen. Es geht darum, für sich selbst die passenden Tools auszuwählen.
Für den Erwerb von KI-Tool-Kompetenz empfehle ich folgende Vorgehensweise:
1. Mach‘ zunächst ein Grundlagentraining in KI: Das ist wichtig, um mit ausreichend Datensensibilität, kritischem Denken und einem Verständnis für die generelle Leistungsfähigkeit und -begrenzung von KI Tools in die Zusammenarbeit mit KI zu starten.
2. Mach‘ Dir eine Übersicht an Tätigkeiten, für die Du Dir #KI-Assistenz wünschst. Auf der Webseite There’s An AI For That kannst Du nach spezifischen Tätigkeiten (z.B. Coden, Texterstellung, Research, Datenanalyse, Lernen, Video- und Avatargenerierung) clustern, welche KI-Tools für welche Tätigkeit existieren. Wähle immer zuerst die Tätigkeit und dann das Tool.
3. Reserviere Zeit für spielerisches Ausprobieren: Die Anwendung der Tools ist niederschwellig, denn die Geschäftsmodelle der KI-Anbieter basieren auf Lizenzmodellen und sind so entwickelt, dass sie von möglichst vielen Usern bedient werden können (und eben nicht nur durch besonders IT-affine Menschen). Damit ist die Anwendung der Tools nicht schwierig, bedarf aber einer gewissen intellektuellen und spielerischen Neugier, Geduld und Zeit, die Tools für spezifische Fragestellungen anzuwenden.
4. Hole Dir einen KI-Mentor, also einen Menschen, der sich intensiv mit KI im Tagesgeschäft beschäftigt und Dich dabei unterstützen kann, Deine persönliche KI-Kompetenz auszubauen. Ich habe mir bewusst KI-Mentoren aus den großen Tech-Unternehmen wie Microsoft, Google und SAP gesucht, die sich regelmäßig mit mir zusammensetzen, um mir die letzten Entwicklungen aus ihrem Haus vorzustellen und vor allem in der Anwendung zu zeigen, wie sie selbst mit ihren KI-Tools arbeiten. Ich frage sie dabei nach ihren persönlichen Productivity oder Creativity Hacks, die sich wirklich auszahlen.
5. Tausche Dich mit Kollegen zu KI-Tools aus und lerne im Netzwerk. Ich habe eine Handvoll Kollegen, die ein ähnliches Aufgabenportfolio haben wie ich und bewusst andere KI-Tools testen und anwenden als ich. Regelmäßig tauschen wir uns darüber aus, was die Vor- und Nachteile der jeweiligen Tools sind und wann sich ein Tool wirklich lohnt und wann nicht. Vor allem diskutieren wir auch die jeweiligen datenschutzrechtlichen Bedingungen bei der Anwendung der Tools und wie diese für den Einsatz im Unternehmen bei sensiblen Daten geeignet sind.
6. Mein persönlicher Tipp: Konzentriere Dich auf ein paar wenige Tools (tiefe Kompetenz), nicht viele und beherrsche die wenigen richtig gut.
Skill-Enhancement: Das überzeugendste Argument
Wenn wir Menschen dafür gewinnen möchten, KI-Tools systematisch anzuwenden und ihre persönliche Arbeit zu transformieren, müssen wir Köpfe und Herzen überzeugen; eines alleine reicht nicht.
Mit Produktivitätssteigerungen durch KI gewinnen wir Köpfe, mit spürbarem Skill-Enhancement aber die Herzen. Denn damit personalisieren wir den persönlichen Nutzen durch den Einsatz von KI, was grundsätzlich das beste Argument für Wandel ist.
Jeder erweitert gerne seine persönliche Leistungsfähigkeit. Jeder fühlt sich gerne schlauer. Jeder ist gerne fasziniert darüber, was man auf einmal alles kann.
Hier ein paar Beispiele:
- Meine älteste Tochter wird kommende Woche 9 Jahre alt. Ich habe ihr zum Geburtstag KI-basiert mit dem Tool Suno einen persönlichen, auf sie zugeschnittenen Song geschrieben mit dem Titel „My Reason Why“. Die Lyrics stammen von mir, denn das mache ich gerne selber, aber die musikalische Umsetzung und die Stimmen stammen von der KI. Während ich bis vor Kurzem noch handgeschriebene Briefe verschickt habe, kann ich nun den Menschen, die mir viel bedeuten, handgeschriebene, musikalisch durch KI-umgesetzte individuelle Songs schreiben und gemeinsam mit der KI komponieren. I love it.
- Ein paar meiner Studierenden haben Legasthenie und eine Schwäche für Rechtschreibung und Orthographie. Durch entsprechende KI-Tools wie Speechify oder Grammarly können sie ihre vorhandenen Schwächen ausgleichen und werden gleichzeitig dabei unterstützt, ihre eigenen Schreibfähigkeiten zu erweitern.
- Mit dem Tool NotebookLM von Google werden wir alle selbst zu Podcastern und können aus verschiedenen Medien wie Texten, Videos und Graphiken unterhaltsame und informative Podcasts erstellen oder auch individualisierte Zusammenfassungen aus langen Texten und Videos genierieren. Noch nie war persönliches Wissensmanagement leichter und unterhaltsamer.
- Mit dem Tool Gamma können wir alle graphisch höchst professionelle Präsentationen erstellen und wirken wie Graphikdesigner mit hohem Ästhetikempfinden. Dabei unterstützt die KI uns mit der graphischen Vollendung und bei der inhaltlichen Zuarbeit für die Präsentation, während wir uns selbst auf die Reflexion, Plausibilisierung, Kontextualisierung und Veredelung der Inhalte konzentrieren können.
Die Liste an Beispielen ließe sich noch lang erweitern.
Meine Kernbotschaft ist: Teaming-Up with AI lohnt sich. Und der „Funny Use of AI„, also der Spaß am spielerischen Umgang mit KI-Tools ist ein sehr guter Einstieg, um Menschen für den „Transformational Use of AI“ zu begeistern, die für eine flächendeckende Skalierung der Technologie im Unternehmen erforderlich ist.
Fazit: Wir als deutsche Volkswirtschaft sind besonders darauf angewiesen, unsere persönliche KI-Kompetenz zu erweitern. Denn die wichtigste Ressource im internationalen Wettbewerb wächst bei uns nicht im Boden, sondern zwischen unseren beiden Ohren. Noch nie war es gebotener und noch nie war es einfacher, zu erlernen, wie wir Menschen den Tanz mit Technologie erlernen.
Happy to help you learn how to dance.