Wer jetzt nicht lernt, fällt massiv zurück
Wir erleben gegenwärtig mit der exponentiellen Entwicklung neuer Technologien eine historische Zäsur. Noch nie war es wichtiger, in kürzester Zeit das Richtige zur richtigen Zeit zu lernen und sich im vollgepackten Arbeitsalltag die Zeit hierfür zu nehmen. Die meisten Menschen haben hier kein Erkenntnisproblem mehr, sind aber noch nicht in die Umsetzung gekommen. Dafür ist es nun aber Zeit.
Denn wir stehen in der Arbeitswelt vor einer Zeitenwende: Nichts wird angesichts der exponentiellen Entwicklungen von künstlicher Intelligenz und anderen technologischen Entwicklungen wie Augmented Reality mehr so, wie es einmal war. Ich verbringe inzwischen mehrere Stunden pro Woche damit, die neuen Technologien von unterschiedlichen Anbietern auszuprobieren, mit ihnen herumzuspielen, mich mit Experten auszutauschen, konkrete Use Cases zeigen zu lassen, viele Fragen zu stellen und ein Gefühl für mögliche Anwendungsfelder zu bekommen, um meine Produktivität und Kreativität bei der Arbeit zu steigern und die Auswirkungen auf Geschäftsprozesse und neue Geschäftsmodelle besser zu begreifen. Praktisches Ausprobieren ist aus meiner Sicht der beste Weg, das Potenzial bislang kaum vorstellbarer Technologien erfassen zu können: Ich habe das Potenzial von Augmented Reality erst nachvollziehen können, als ich die Datenbrille tatsächlich ausprobiert und gesehen habe, wie vor meinem Auge die physische mit der virtuellen Welt verschmelzen und wie ich dadurch völlig anders arbeiten und kommunizieren kann.
Noch nie habe ich es so spannend und zugleich herausfordernd empfunden, am Themenfeld „Zukunft der Arbeit“ anwendungsnah zu forschen und zu eruieren, wie wir zukünftig im Team „Mensch-Maschine“ zusammenarbeiten werden. Einige meiner Erkenntnisse möchte ich in diesem Newsletter teilen.
Die Arbeitswelt der Zukunft steht unmittelbar vor der Tür
Die jüngsten Produktankündigungen von Microsoft mit ihrem „Microsoft 365 CoPiloten“ und Apples Datenbrille „Vision Pro“ zeigen auf, dass eine völlig veränderte Arbeitswelt nicht etwa in ferner Zukunft vor uns liegt, sondern bereits im kommenden Jahr auf den Markt kommen und unsere bisherigen Arbeitsweisen revolutionieren werden. Ich persönlich freue mich darauf, zukünftig für meine Vorlesungen und Vorträge nicht mehr selbst an PowerPoint-Folien „herumfrickeln“ und passende Bilder aus Datenbanken suchen zu müssen, sondern den zukünftig in PowerPoint integrierten Bildgenerator von Open AI, Dall-E, per Sprachbefehl zu steuern und passgenaue Bilder für meine Storyline erstellen zu lassen. Oder meine PowerPoint-Folien von der integrierten KI nicht nur graphisch, sondern auch sprachlich optimieren und auf Verständlichkeit überprüfen und in Fremdsprache übersetzen zu lassen. Zukünftig wird Microsoft auch eine KI-Lösung in Outlook integrieren, die als „Sprach-Coach“ fungiert und Vorschläge für eine effektivere Email-Kommunikation macht und den persönlichen Schreibstil optimiert. Nicht nur ich werde in Zukunft anders arbeiten, sondern auch meine Assistentin.
Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass wir uns jetzt schon einmal warm laufen sollten für das, was als fortlaufende „Learning Journey“ vor uns liegt. Schon bald wird sich zeigen, dass Menschen, die sich diesen technologischen Entwicklungen verwehren, spürbare Produktivitätsnachteile gegenüber denjenigen haben werden, die sie wirkungsvoll einsetzen können. Es ist was Wahres dran an dem Satz: „Menschen werden nicht von neuen Technologien ersetzt, sondern von Menschen, die diese neuen Technologien wirkungsvoll einsetzen können.„
Diesen neuen Umgang mit neuen Technologien zu erlernen, kostet zunächst einmal Zeit. Aber durch die versierte Anwendung können wir eine Reihe lästiger Tätigkeiten an Technologie delegieren und erhalten schließlich wertvolle Zeit zurück, die wir anderweitig einsetzen können. Ich erhoffe mir, durch den Einsatz von Technologie mehr Zeit für gehaltvolle Gespräche mit anderen Menschen und für tiefe zwischenmenschliche Interaktion haben zu können, die im bisherigen Arbeitsalltag oftmals zu kurz kommt.
Fließende Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine
Die Grenze der Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschinen verschiebt sich fortlaufend und muss mit jedem neuen technologischen Fortschritt neu bewertet werden. Eine fixe Arbeitsaufteilung, die über Jahre hinweg Bestand hat, wird es nicht mehr geben. Wir werden bestimmte Tätigkeiten zukünftig gänzlich an Maschinen delegieren und Arbeitsabläufe vollständig automatisieren. Wir werden künstliche Intelligenz als Co-Creator, Consultant und Co-Pilot einsetzen und unsere menschliche Arbeitsleistung dadurch ergänzen lassen können. Gerade im Bereich der informationsbasierten Wertschöpfung, wie etwa die Auswertung riesiger Datenmengen, das darauf basierende Erstellen von Texten, das Beantworten individueller Fragen oder aber beim Schreiben von Codes in der Softwareentwicklung lauern hier die größten Potenziale.
Die häufigste Aufgabenverteilung wird vermutlich so aussehen, dass die künstliche Intelligenz bestimmte Teilaufgaben vorbereitet und der Mensch „veredelt“ und „überprüft“ die Ergebnisse, entwickelt sie weiter, fügt sie in einen Gesamtkontext zusammen, lässt menschliche Qualitäten wie ethisches Empfinden und Intuition einfließen und trägt die schlussendliche Verantwortung für die Ergebnisqualität und die empathische Kommunikation.
Ständig sich verändernde Anforderungsprofile
Durch die Dynamik der Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Maschine und neue Formen der Anwendung von Technologien verändern sich die Anforderungen an Menschen permanent. Berufliche Werdegänge werden durch stetige Lern- und Anpassungsprozesse gekennzeichnet sein und keine linearen Verläufe mehr haben. Vielmehr müssen wir Menschen uns auf Unplanbarkeit, Disruption, Neuanfänge in unseren Werdegängen sowie ständig neue Anforderungen einstellen und dies im Idealfall als spannend, herausfordernd und stimulierend empfinden. Hier wird deutlich, welche neuralgische Rolle „HR“ im Unternehmen spielt, um Belegschaften bestmöglich auf diesen Transformationsprozess einzustellen. Und was die Arbeitswelt der Zukunft von jedem Einzelnen von uns an Anpassungsfähigkeit abverlangen wird.
Je besser die Kommunikation zu diesem Transformationsprozess ist, desto eher finden Unternehmen die passenden Leute und können sie auf die veränderte Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten. Hier ist maximale Ehrlichkeit und Transparenz gefragt. Schon bald werden Arbeitgeber Stellenausschreibungen wie folgt formulieren müssen:
„Wir suchen neugierige, anpassungsfähige Mitarbeiter:innen, die wir für Tätigkeiten einstellen möchten, die sich fortlaufend verändern, für Aufgaben, die wir heute noch nicht kennen, auf Basis von Technologien, die sich gerade erst entwickeln und jenseits unserer heutigen Vorstellungskraft liegen.
Wir suchen daher Menschen, die bereit sind, sich beruflich ständig neu zu erfinden. Die bereit sind, Neues zu erlernen und Überholtes zu verlernen. Die den Mut haben, alte Antworten auf neue Fragen zu ignorieren. Die es schaffen, nicht nur den Status-Quo zu disruptieren, sondern auch sich selbst. Und die extrem gut darin sind, die richtigen Fragen zu stellen, auf die Technologie Antworten geben wird.“
Fazit: Wir müssen offen, neugierig und beweglich sein
Wie bereiten wir uns bestmöglich auf diese Arbeitswelt der Zukunft vor? Indem wir offen und geistig flexibel bleiben, unsere Lernfähigkeit trainieren, unseren holistischen Blick auf die Welt stärken und uns ein Ökosystem aus diversen Menschen aufbauen, die uns in unseren Sichtweisen herausfordern und von denen wir lernen können. „Flirting with different experiences„, das ist der Ratschlag, den ich meinen Studierenden mitgebe, um ihr Studium bestmöglich zu nutzen und breite Lernerfahrungen zu sammeln. Und „Flirting with different experiences“ geht im Berufsleben weiter und nimmt einen beachtlichen Teil meiner wöchentlichen Arbeitszeit ein: das Eintauchen in verschiedene berufliche Kontexte, das spielerische Ausprobieren neuer Technologien, das neugierige Suchen nach neuen Lösungen, der Austausch mit vielen verschiedenen Menschen und die Freude an dem Kennenlernen von etwas Neuem: Das ist das Mindset, was wir für die Arbeitswelt der Zukunft benötigen.